Donnerstag, 20. Februar 2014

Salzarm kochen - wieso eigentlich?

Seit der kleine Mann nicht mehr nur Muttermilch bekommt, höre ich immer wieder: "Ach, du machst da gar kein Salz rein?" Pause. "Wieso eigentlich?"
Der Koch und ich gehören zu einer Generation, die anscheinend nicht besonders salzarm ernährt wurden. Und haben es beide auch gut überlebt. 
Aber. Wenn man plötzlich selbst verantwortlich für die Ernährung eines Anderen ist, überlegt man sich (hoffentlich) ziemlich genau, was man dessen Körper so zuführt. Der kann sich ja schließlich nicht selbst darum kümmern.
Und informiert sich.
Ja, Leute, jetzt wird's ein bisschen trocken. Ich kann's nicht verhindern.
  1. Die Niere eines Babys ist noch nicht ausgereift. Sie kann mit zu viel Natrium nicht umgehen. Außerdem entzieht Salz dem Körper viel Wasser.
  2. Eine Ernährung mit zu viel Salz in frühen Jahren kann später im Leben nachweislich zu hohem Blutdruck führen.
  3. Salz wirkt (genauso wie Glutamat und Zucker) geschmacks-verstärkend. Es führt dazu, dass man mehr isst, als eigentlich gut wäre (siehe Chips...). Zusätzlich verlangt man oft nach etwas Süßem zum Ausgleich. Da man außerdem Durst bekommt, greift man häufig zu zuckrigen Softdrinks.
  4. Der Mensch gewöhnt sich an Salz und verlangt (wie bei Zucker) über die Jahre nach immer mehr. Kinder, die schon im Alter von 6 Monaten die erste salzhaltige (Bei-)Kost bekommen, verzehren im Vorschulalter 55% mehr Salz als Kinder, die in diesem Alter gestillt und/oder salzlos ernährt wurden.
  5. Ein hoher Salzgehalt in einer Speise überdeckt geschmacklich andere, weniger dominante Aromen (z.B. von Kräutern). Daran gewöhnen sich Babys und sind nicht mehr so empfänglich für andere Geschmackseindrücke.
    Kinder sind aber "leider" von Natur aus neophob, d.h. sie meiden unbekannte Nahrungsmittel. Diese Neophobie ist am wenigsten ausgeprägt ab 6 Monaten - ein Alter, in dem das Kind schließlich nur "sicheres" Essen bekommt. (Das haben ja schließlich die Ernährer vorausgewählt.) Ab dem 18. Monat verengt sich der "Geschmackshorizont" dann wieder deutlich - dann wenn der kleine Mensch anfängt zu laufen und selbst die Welt erkundet. Erst zwischen 8 und 12 Jahren erhöht sich die Experimentierfreude wieder. 
    Mit anderen Worten: Wenn ich einen aufgeschlossenen, abwechslungsreich ernährten kleinen Menschen prägen will, dann habe ich ganz am Anfang seines Lebens die beste Chance dazu.

Im 1. Lebensjahr gilt deshalb die Regel: So salzarm wie möglich.

Der Salzgehalt eines Lebensmittel ist meist als Natrium-Wert auf der Packung angegeben. Diesen muss man mit 2,5 multiplizieren, um zu wissen wie viel Kochsalz drin steckt. 
Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt für Kinder 
von 4-12 Monaten 0,18 g Natrium pro Tag (0,45 g Salz) 
und von 1-4 Jahren 0,3 g Natrium pro Tag (0,75 g Salz).

Wer schon mal im Supermarkt auf eine Packung Käse geguckt hat, stellt schnell fest, dass das nicht viel ist. Die Werte sind super-schnell überschritten, zumindest wenn man ganz normal im Supermarkt einkauft.
Und das ist auch genau der Grund, warum ich das, was ich für den kleinen Mann koche, (immer noch) nicht salze. Weil ich Lebensmittel aus dem Supermarkt benutze. Und nicht alles selbst herstellen kann und möchte.
Und wenn dann die berühmte Ausnahme kommt (Restaurant-Besuch, ein Biss von meiner Tiefkühl-Pizza...), ist das einfach nur halb so schlimm. Weil es nicht so ins Gewicht fällt. Ich weiß ja, dass er regelmäßig nicht zu viel Salz bekommt.
Und dass das Mittagessen bei der Oma auch zur Ausnahme gehört, ist auch nicht schlimm. So hat er ganz viele verschiedene Geschmackserlebnisse. Und das macht ihn hoffentlich später offen für eine enorm reiche kulinarische Welt. Und solange die No-Gos nicht überschritten werden (keine Fertigprodukte, keine Chips etc.), darfs bei der Oma ruhig ein bisschen salziger und süßer schmecken. Gehört doch auch irgendwie dazu.

0,4 g Natrium sind 1 g Salz
Quellen: "The Baby-Led Weaning Cookbook" von Gill Rapley und Tracey Murkett, "Gesundheit heute" - Herausgeber: Dr. med. Arne Schäffler - Auflage 2007, "Babyjahre" von Remo H. Largo - Auflage 2012, "Echte Wurst hat kein Gesicht" von Annette Sabersky und Dr. Jörg Zittlau
DGE-Referenzwerte, "Eltern"-Artikel

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