Mittwoch, 18. März 2015

Welchen Namen geb ich dem Kind? Oder: Brotfrikadellen

Normalerweise können mir Rezepte mit abgefahrenen Zutaten, die ich ohne Übung nicht mal aussprechen kann, ja gestohlen bleiben. Aber in diesem Falle hatten wir die meisten Zutaten, oh Wunder! tatsächlich da. Und es war einfach sehr fein. Allerdings, und nur deshalb empfehle ich das Rezept auch weiter, bin ich mir sicher, dass sie auch mit anderen Gewürzen sehr gut schmecken.

Dazu eignen die Teile sich wunderbar, um sie mitzunehmen, sie schmecken nämlich auch kalt. Also optimal für die Kinder-Brotbox geeignet, fürs Picknick oder eine Urlaubsfahrt. (Man kann ja mal träumen, ist schließlich schon fast Frühling...)

Um was es sich handelt? Tja, der Name. Im Original heißen sie Brot-Frikadellen, anderswo auch Fleischpflanzerl genannt, aber wer deshalb Fleisch erwartet, ist falsch gewickelt. Im Grunde sind es eigentlich gebratene (statt gekochte) Semmelknödel. Obwohl durch die kräftigen Gewürze das Ganze auch nicht mehr nur nach Brot schmeckt, sondern tatsächlich ein bisschen rauchig-fleischig-würzig. (Deshalb schmecken Sie wahrscheinlich auch dem kleinen Mann so gut...)

Aber, wie war das? "Name ist Schall und Rauch"

So "Nenn' es dann, wie du willst"!


Zutaten:

Brotfrikadellen

für 3-4 Personen


500 g altes Brot, z.B. Fladenbrot
ca. 250 ml Milch
2 Eier
etwas Paniermehl
2 mittelgroße rote Zwiebeln
etwas Knoblauch
1 Bund Frühlingszwiebeln
glatte Petersilie 
Salz 
frisch gemahlener Pfeffer
etwas Zitronenschale
1/2 TL Piment d'Espelette
2 TL Pimentón de la Vera dulce
ODER
1/2 TL Paprikapulver, rosenscharf
1 TL Paprikpulver, edelsüß
etwas Muskatnuss, gerieben
UND/ODER
getrocknete Tomaten
geriebener Käse

Das Brot - bevor es komplett durchgetrocknet ist - in grobe Stücke teilen. Die Milch leicht erwärmen und mit den Eiern vermischen. Über das Brot geben und umrühren, sodass alles durchweichen kann. Je trockenener das Brot ist, desto mehr Flüssigkeit benötigt man.
Frühlingszwiebeln waschen und in Ringe schneiden. Knoblauch fein hacken, Zwiebeln fein würfeln und beides leicht anschwitzen. Petersilie fein hacken. Etwas Zitronenschale dazugeben. Alles zum Brot geben, genauso wie alle Gewürze.
So viel Paniermehl zum Brot dazugeben, dass eine Frikadellen-artige Masse entsteht.
Eine kleine "Frikadelle" mit nassen Händen formen und zur Probe in Butterschmalz oder Öl ausbacken. Eventuell noch ein Ei und/oder Paniermehl dazugeben, falls der Teig nicht zusammen hält und ggf. nachwürzen.
Die Frikadellen bei mittlerer Hitze ausbraten, sodass sie bis ins Innere durchgebacken sind, das Ei gegart ist, und sie schön gebräunt und knusprig sind.
Auf einem Küchenpapier abtropfen lassen.

Dazu passt ein frischer Joghurtdip. Die Frikadellen kann man außerdem sehr gut einfrieren.


Quelle: Rezept frei nach Kuriositätenladen

Sonntag, 8. März 2015

Tote Nahrung: Wo sind all die Bakterien hin?

Schon gewusst? "So wie ich hier sitze, bestehe ich zu 95 % aus nicht-menschlichen Zellen. [...] Bakterien, Pilze, vielleicht auch ein paar Viren [...]" erläutert der Kinderarzt Herbert Renz-Polster.
Wir Menschen sind "belebte Körper", die in Symbiose mit Bakterien & Co leben.

Und so wie wir, sind auch die Lebensmittel, von denen wir uns ernähren, eben das: lebendig. Sie werden ebenso von Keimen bevölkert. (Und so manches Lebensmittel entsteht erst mithilfe der kleinen Viecher...) Und da sie das sind, verderben sie eben auch.
Schon immer hat der Mensch Strategien entwickelt, die Keime einzudämmen oder abzutöten und das Essen dadurch haltbarer - oder sogar überhaupt essbar - zu machen.
An sich eine sinnvolle Sache. Bis zu einem gewissen Grad.

"Was die Industrie macht, ist nichts Anderes als alle Bakterien gleichzeitig zu vernichten," so die Köchin Sarah Wiener. "Bakterien haben ein Leben und geben den Geschmack. Und den Geruch. Das macht die Qualität des Käses aus!" ereifert sie sich. Aber leider hat "die Industrie diesen Gedanken befeuert, dass Sicherheit gleich Sterilität bedeutet." Sicher bei Lebensmitteln bedeutet möglichst wenig Keime und möglichst lange haltbar. 
Doch, so weiß man heute laut dem Biologen Bernhard Kegel, nur etwas 200 der Bakterienarten sind Krankheitserreger, und damit überhaupt (potenziell) schädlich für uns. Alle anderen sind "viel mehr Helfer und Begleiter" des Menschen.

Diese Entwicklung in der Nahrungsmittel-Industrie ist aus gesundheitlichen, aber auch aus geschmacklichen Gründen nicht besonders gut für unsere Ernährung. 
Unser Essen wird mittlerweile so stark kontrolliert und bearbeitet, dass es kaum noch möglich ist, in einem normalen Supermarkt wirklich naturbelassene Lebensmittel voller Bakterien zu bekommen. Wir schütten also das Kind mit dem Bade aus.

Selbst an Milchautomaten, die manche Bauern auf ihren Höfen aufstellen, und die uns das Gefühl geben, quasi direkt von der Kuh zu "zapfen", bekommt man nur pasteurisierte Milch und keine Rohmilch.
Eine solche Nahrung nährt uns gar nicht mehr, findet Frau Wiener. 
Und dass das Abtöten beziehungsweise Weglassen der guten Keime vor allem für den Darm (und damit das Immunsystem) nicht gut ist, darauf pocht auch Frau Enders Darm-Charme.

Klar, ist auch Kochen ein Verarbeiten von Essen. Und eine Strategie wie das Schockgefrieren (diese Woche feierte die Tiefkühlkost 85-jähriges Bestehen...) zerstört wesentlich weniger Nährstoffe, als das Supermarkt-Gemüse verliert bis es bei uns ankommt. Frischer als seegefrostet geht Fisch nicht. 
Es mag sich auch keiner vorstellen, die Vorteile von Räuchern oder Trocknen zum Beispiel bei der Fleischverarbeitung wieder aufzugeben. Und natürlich möchte jede Mutter sicher sein, dass der Babybrei im Glas keimfrei ist.
Daneben bietet die Industrie uns noch eine Menge mehr solcher Vorteile: verbesserter und verlässlich-gleicher Geschmack, Komfort (vorgewaschen, vorgegart, geschnitten etc.), eine Riesen-Auswahl...
Das Wissen über Lebensmittel und deren Verarbeitungsmöglichkeiten hat die Menschheit mit Sicherheit voran gebracht. Sie hat u.a. dazu geführt, dass wir länger leben als unsere Vorfahren. Und ist insofern sicher eine Errungenschaft. 

Trotzdem habe ich irgendwie das Gefühl, wir haben den "Umkipp-Punkt", den Tipping Point, verpasst. Und jetzt übertreiben wir es vielfach mit der Verarbeitung. Plötzlich gibt es kaum noch nicht-verarbeitetes Essen. Und damit tun wir uns selbst keinen Gefallen.

"Noch nie in der Geschichte war das Risiko so hoch, dass Kinder chronische Krankheiten entwickeln, für die es keine Heilung gibt," behauptet die Dokumentation "Alte Freunde, neue Feinde" auf arte, die sich auf die Suche macht: "Was hat unser Immunsystem derart aus der Bahn geworfen?"

Der Biologe Kegel betont, "wie wichtig offenbar es für den Organismus ist [...] mit den richtigen Mikroben in Kontakt zu kommen." Dieser Kontakt findet, so weiß man jetzt, bereits im Mutterleib statt - den hatte man bis jetzt für steril gehalten. "Die Mutter fängt schon vor der Geburt an," so Kegel, "das Kind auf die Umwelt draußen vorzubereiten. Und vor allen Dingen auch auf die Nahrung vorzubereiten, die das Kind dann zu sich nehmen muss. [...] Ohne Mikroben könnten wir die Muttermilch so nicht verdauen."

Aber wie sieht denn unser modernes Leben heute aus? Es ist nicht unwahrscheinlich, dass ein Kind per Kaiserschnitt geboren wird (und damit der erste große Schwung an Bakterien der Mutter fehlt), und dann in einer Familie ohne Haustiere und mit großem (um nicht zu sagen übertriebenem) Wert auf Hygiene aufwächst. Dazu viele stark verarbeitete Lebensmittel (inklusive jeder Menge Zusatzstoffen) zu sich nimmt. Als Stadtmensch auch sonst kaum mit Keimen in Kontakt kommt. Später einen Bürojob ausübt, sich wenig bewegt und wenn, vermutlich im Fitnessstudio, und wenig in der Natur. 

Und was macht das mit uns?

Unser Immunsystem ist laut Herrn Renz-Polster durch unsere veränderte Umwelt "entzündlicher eingestellt", was die vermehrten Allergien, Nahrungsmittelunverträglichkeiten und Autoimmunerkrankungen erklären könnte.
"Das moderne Leben hat sich verschworen gegen die [...] Entzündungsbremse" des Immunsystems, fasst Renz-Polster zusammen.

Wissenschaftler halten es heute auch für möglich, dass Essensgelüste stark davon beeinflusst werden, welche Bakterien wir im Darm haben. Zu wenige Bakterien oder das Vorherrschen eines bestimmten Bakterienstamms führen anscheinend dazu, dass man vermehrt nach Süßem, wie zum Beispiel Schokolade, verlangt. Allerdings steckt die Wissenschaft hier noch in den Kinderschuhen, und man weiß noch sehr wenig über den Zusammenhang zwischen Darmbakterien und menschlichen Erkrankungen.

Am Liebsten würde ich einen Test machen lassen, wie viele Bakterienarten ich denn noch in meinem Körper habe...um zu sehen, wie viel da schon ausgestorben ist...

Und was den kleinen Mann angeht: 80/20-Regel hin oder her. Jetzt denke ich doch: Her mit dem Selbstgemachten, Ursprünglichen! Egal, ob ich es gemacht habe, oder der Bauer, Metzger oder Bäcker - Hauptsache, es ist möglichst naturbelassen und kommt nicht aus der Fabrik.
Zumindest wenn es sich um Grundnahrungsmittel handelt, muss das doch möglich sein! Und in die 20 % müssen dann halt die unverzichtbaren Gummis und Kekse reinpassen.
Also: Frischmilch statt länger haltbare Milch, Butter statt Margarine (am Besten selbst geschüttelt), Brot von einem Bäcker, der keine Fertigmischungen mit jede Menge Zusatzstoffen benutzt, und Marmelade von der Schwiegermutter. Das wäre dann wohl ein erstrebenswertes Frühstück.

Aber ist das realistisch? Zeitlich? Und finanziell?
Wo genau ist denn die goldene Mitte zwischen Schimmel vom Brot kratzen und MHD?

Quellen: Sarah Wiener, Interview auf arte Future, Herbert Renz-Polster, Interview auf arte Future Artikel "Wir sind nicht allein" über Mikroben auf arte.tv, und (zur kritischen Auseinandersetzung): Vorteile verarbeiteter Lebensmittel vom EUFIC, Artikel über den Zusammenhang von Essensgelüsten und Darmflora bei theconversation.com, Interview mit Bernhard Kegel in der SWR 2 Matinee

Sonntag, 1. März 2015

Orecchiette mit Sesam-Tomatensoße

"Kühlschrank-Leichen" hat sicher jeder Mal. Zutaten, die man unbedingt haben musste, um dieses oder jenes tolle Rezept auszuprobieren. Und danach fragt man sich, was man jetzt damit machen soll. Und warum es das eigentlich nicht in einer kleineren Einheit zu kaufen gibt... Schließlich benötigt man es immer nur teelöffelweise.

Süßer Senf, zum Beispiel. Gibt's bei uns eigentlich nur zu Weißwürsten. Oder Currypaste. Wieso zum Teu*el ist das so ein Riesenglas? Ich bin doch keine Inderin, die das jede Woche verkocht!
Sesampaste gehört bei mir auch dazu. Gekauft für Sesam-Plätzchen - also im Dezember. Jetzt haben wir Anfang März. Und ich befürchte, wenn ich das nächste Mal das Glas öffne und reinrieche, ist sie ranzig.

Was war ich also erfreut, als ich in einem meiner abonnierten Koch-Blogs dieses Rezept entdeckt habe. (Auch wenn auch hier wieder keine große Menge verwendet wird...)
Und erstaunt: Tomatensoße mit Sesampaste? Was für eine Kombination! Das muss ich probieren.

Und ich muss sagen:
interessant. Und damit meine ich jetzt nicht das Alfred-Biolek-interessant, sondern wirklich: interessant. Mediterran und gleichzeitig ein bisschen exotisch.

Werde ich wieder machen!


Zutaten:

Orecchiette
Dosentomaten, am Besten die Datteltomaten mit Schale, oder sehr aromatische frische Tomaten
Zwiebel(n) oder Schalotten(n)
schwarze Oliven
1 Zweig Rosmarin
Oregano, frisch oder getrocknet
etwas Knoblauch
Tahini (Sesampaste)
ev. etwas Chili
etwas Agavendicksaft oder Zucker
Olivenöl
Salz
Pfeffer
etwas Parmesan

(Frische Tomaten waschen und halbieren.) Knoblauch und Zwiebeln schälen und fein würfeln. In etwas Olivenöl leicht anschwitzen und dann die Tomaten dazugeben und leicht anbraten bis sie geplatzt sind. Dann runterdrehen. Tomatensoße mit etwas Agavendicksaft oder Zucker leicht süßen. Rosmarin und Oregano dazugeben und sämig einkochen lassen. Nudeln nach Packungsanweisung al dente kochen.

Oliven halbieren. Die Soße eventuell mit etwas Nudelwasser verlängern und Tahini einrühren, auf ca. 300 ml Soße habe ich 2 TL Sesampaste genommen. Das sollte man einfach probieren. Wer möchte kann auch noch etwas Chilipulver oder eine sehr fein gewürfelte Schote dazugeben. Hitze reduzieren. Oliven in die Soße geben, Rosmarinzweig entfernen und mit Salz und Pfeffer abschmecken.

Abgeschüttete Nudeln mit der Soße mischen und mit Parmesan bestreuen.


Quelle: Rezept frei nach highfoodquality.com