Montag, 3. Oktober 2016

Zwischenstand: 5 goldene Regeln

Jetzt beschäftige ich mich schon dreieinhalb Jahre mit dem Thema Kinderernährung - Zeit, mal ein kleines Zwischenfazit zu ziehen.
Kurz und knapp auf den Punkt gebracht: Was weiß ich inzwischen? Was sind die 5 goldenen Regeln der Kinderernährung in Bezug auf Essverhalten und Ernährungsgewohnheiten?
Wie kann ich dazu beitragen, dass mein Kind sich gut ernährt?



1. Hör auf Dein Kind
"Hören" meine ich hier im weitest möglichen Sinne, denn das gilt ab der Geburt des Kindes. Nimm die Signale wahr, die Dir das Kind sendet. Es weiß, wann es essen bzw. trinken muss und es weiß, was es essen muss. Diese somatische Intelligenz ist angeboren. Man kann sie einem Kind aber leider auch "abtrainieren". Wenn ein Säugling signalisiert, dass er den Brei selbst löffeln will, dann sollte er das lernen dürfen - egal wie viel Sauerei das am Anfang macht. Und selbst wenn das Kleinkind eine Zeit lang nur Pommes essen will, nimmt es trotzdem mittelfristig alle Nährstoffe zu sich, die es braucht - vorausgesetzt:

2. Das Angebot bestimmt die Nachfrage
In den ersten Jahren ernährt sich ein Kind zuallermeist von dem, was es zuhause angeboten bekommt. Also: Anbieten, anbieten, anbieten. Möglichst viele verschiedene frische Lebensmittel, in möglichst verschiedenen (altersgerechten) Kombinationen, am Besten selbst gekocht. Und lass Dich nicht von "Ein Kind isst doch kein..." leiten. Probier es einfach immer wieder aus - aber, Regel 1, lass das Kind selbst entscheiden, was es annimmt!

3. Keine Bewertungen
Auch wenn es schwer fällt: am unbeschwertesten wird der Essensstart für Kinder, wenn man von Anfang an nicht bewertet, was und wie viel das Kind isst. Dieser Punkt ist zugegebenermaßen der schwerste - ich erwische mich selbst immer wieder dabei, dass ich kommentiere "Jetzt hast du ja fast gar nichts gegessen." 
Wir haben in unserer Gesellschaft auch hier fest verankerte Vorstellungen davon, was Kinderernährung heißt, inklusive Geschlechterzuschreibungen. Jungs werden für ihren "guten Appetit" gelobt, Mädchen eher zur "Zurückhaltung" gemahnt. Und manchmal ist man auch einfach nur um jeden Bissen froh, den ein Kind isst, weil man sich von Geburt an Sorgen machen muss, dass es genug bekommt.
Dennoch gilt die Leitlinie: Essen sollte wenn möglich keine Ersatzfunktionen erhalten. Essen sollte also kein Lob, kein Tadel, kein Trost, keine Belohnung, keine Strafe sein.
Natürlich kann man Freude daran äußern, dass es dem Kind schmeckt, oder Bedauern, wenn es dem Kind nicht schmeckt. Aber Essen ist (für uns, zum Glück) eine tägliche Selbstverständlichkeit, die einem Kind am einfachsten gelingt, wenn sie nicht bewertet wird und es lernt, dass es selbst die Hoheit über seinen Körper hat und entscheiden kann, was und wie viel es isst.

4. Sei Vorbild - lebe Regeln und Ausnahmen
Es braucht zum glücklichen Zusammenleben auch gewisse Regeln - so sehe ich das jedenfalls.  "Alles einmal probieren", "Süßigkeiten nicht vor dem Mittagessen", "Gegessen wird gemeinsam am Tisch" - das alles finden wir völlig okay. (Verbote dagegen machen Essen meistens nur noch interessanter...) Da muss aber jede Familie selbst entscheiden, was ihr wichtig ist und womit sie leben kann. Darf ein Kind aufstehen, bevor alle mit dem Essen fertig sind? Ab wann soll ein Kind beim Tisch (ab)decken helfen?
Wichtig für das Kind ist nur: Regeln sind verständlich und verlässlich. Wenn auch nicht unveränderbar. Werden die Regeln jedoch gebrochen, dann gilt das für alle gleichermaßen (wenn auch nicht immer gleichzeitig) und ist *Zauberwort* eine Ausnahme. Wenn Mama am Frühstückstisch immer auf ihrem Handy rumdrückt, warum darf ich dann nie Spielzeug am Tisch haben? Warum muss ich den Spinat essen, mein Bruder aber nicht? Wenn wir nicht nach unseren eigenen Regeln leben, wird es für Kinder beliebig und damit immer schwierig.

5. Essen soll Spaß machen
Ernährung kann so viel mehr sein als reine Nahrungsaufnahme. Der Kuchen am Sonntagnachmittag, dessen Duft durch die ganze Wohnung strömt. Das festliche Weihnachtsessen mit der ganzen Familie... Zeit, nette Gesellschaft und ein gutes Essen sind eine unschlagbare Kombination, die sehr glücklich machen kann.
Noch mehr Spaß macht es, wenn man das Essen selbst mit zubereitet hat, ev. sogar vorher selbst angepflanzt hat - der sog. IKEA-Effekt (Selbermachen führt zu Wertschätzung) gilt auch fürs Essen.
Und noch ein Grund, warum Bewertungen nicht an den Tisch gehören: zu einem schönen Essen gehört eine gute Stimmung, und die entsteht schwerlich, wenn vor allem Spannungen und Druck herrschen. 

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