Dienstag, 28. Oktober 2014

Warum ich so blogge wie ich blogge

Mich nervt das echt. Was manche Bloggerinnen so rausposaunen in die Welt. Was sie für erzählenswert halten. Und wie sie einem das Gefühl geben, Muttersein hieße, den ganzen Tag perfekt zu sein und alles selbst zu machen, weil es nur dann wirklich "richtig" ist.

Ich hab in letzter Zeit etliche Abonnements wieder abbestellt. Weil ich keine Lust mehr habe. Auf den 25. "Das haben wir am Sonntag alles *pädagogisch wertvolles* gekocht, gebastelt und unternommen"-Artikel.
Sabine Maus (ELTERN 11/2014) hat schon recht mit der Frage: "Was denn noch alles?" Was wollen die mir denn weismachen? Dass das alles zum guten Mutter-Sein dazu gehört? Dass man das alles selbstverständlich-mal-eben-so wuppt? Und dann noch nebenbei darüber bloggt?

"Aber du schreibst doch auch einen Blog. Du meinst doch auch, dich mitteilen zu müssen. Mit welchem Recht meinst du denn bitte, du wärst anders?"

Weil ich es eher behandle wie ein Tagebuch. Ich nutze es nicht zur übertriebenen Selbstdarstellung, zur Präsentation meiner neuesten (gesponserten) Küchengeräte-Errungenschaften, gehäkelten Mützchen oder tollen Taten als Mutter. Versteht mich nicht falsch, all das hat seine Berechtigung. Die Frage ist nur, ob man es so präsentieren muss.
Wenn ich in meinem Tagebuch nicht ehrlich bin, wo dann?
Mir ist es wichtig, authentisch zu sein. Als Mutter. Und als Autorin.
Klar, ein Blog ist kein Ort, an dem man vor allem seine eigenen Schwächen präsentiert. Ein Blog ist eine Form der Selbstdarstellung. Und die entspricht vom Prinzip her eben nie der Realität. Aber wenn er gut ist, wenn er - für mich - wirklich interessant ist, dann muss er auch Schwächen zeigen. Ich will nicht nur die Hochglanzfotos sehen.

Andererseits gab es solche "Angeber-Mütter" doch auch schon immer: Die auf dem Spielplatz mit der neuesten selbstgenähten Tasche, den Muffin-Kunstwerken ("Die hast Du wirklich selbst gebacken?! Wann denn?") und den besten Erziehungstipps aufwarten. Meine Vermutung: Weil sie die Bestätigung anderer Mütter brauchen, dass sie eine Super-Mama sind. (Eine Bestätigung, die sie vielleicht zuhause nicht bekommen?) 
Und manche davon tummeln sich statt auf dem Spielplatz heute eben in der Blogosphäre. Meine zweite Vermutung: Sie müssen verdammt früh aufstehen, um das alles zu schaffen. Auf Dauer ganz schön anstrengend. Und dafür bin ich schlicht und einfach zu faul. Und setzte meine Prioritäten anders.

Ich bin nicht toller als andere Mütter.
Ich blogge nicht, weil ich das Muttersein besser kann als andere Mütter.
Um mich selbst zu zitieren: Ich blogge, weil es MIR Spaß macht.
Weil ICH das Leben mit Kind festhaltenswert finde (für mich, für den kleinen Mann, und alle, die es interessiert.)
Und ICH das Leben mit Koch erzählenswert finde. Mir fällt kein anderer Beruf ein, in dem Nicht-Profis zum Teil auch tägliche Übung haben. Ein Beruf, bei dem die meisten Menschen viele Bilder im Kopf haben. Mitreden können und wollen. Für mich Grund genug, zu erzählen, was ich erlebt und gelernt habe, seit ich mit einem Koch unter einem Dach lebe.

Gutes Stichwort: Leben.
Ich lebe. Und manchmal (oder öfter) erzähle ich davon in einem Blog. Ich lebe nicht, um zu bloggen.
Ich schreibe über die Dinge, die mich ohnehin beschäftigen.
Ich blogge über Dinge, die ich selbst schon im Internet oder in Büchern gesucht und nicht gefunden habe.
Aber natürlich kriegt so etwas auch "Triebe." Es sprießen Ideen. Mit Ernährungspsychologie und den Big 20 hätte ich mich ohne den Blog sicher nicht so intensiv beschäftigt.

Aber ich glaube, ich kenne meine Grenzen. Ich habe keine Fotos auf meinem Blog, weil ich nicht auch noch Hobby-Fotografin bin. Und ich der Ansicht bin, wenn man etwas nicht richtig gut kann und/oder dabei Spaß hat, dann lässt man es lieber. (Auch wenn ich deshalb in der Blog-Welt vermutlich nie berühmt werde...)
Ich habe mal ein Seminar zum Thema Zeitmanagement besucht. Der erhellendste Satz: Wir haben alle gleich viel Zeit. 24 Stunden am Tag. Der Satz "Ich habe keine Zeit" ist also eigentlich Quatsch. Jeder hat gleich viel Zeit zur Verfügung. Es ist nur die Frage, wofür wir sie verwenden.
Eins ist klar: Wenn ich blogge, mache ich etwas Anderes nicht.
Bei der Lektüre so manchen Blogs frage ich mich, genauso wie Frau Maus: Wann macht die das alles? Was macht sie dafür nicht? Und wofür ist das alles gut?

Wenn mich eine Tätigkeit glücklich macht, ich mich mit etwas beschäftige, was mir Freude bereitet, dann ist das gut. Die Kunst des Lebens (OHA!) besteht doch wohl irgendwie darin, ein Gleichgewicht zu finden zwischen den Dingen, die einen glücklich machen, und dem was man machen muss. Und wenn man das, was man machen muss, auch noch so gestalten kann, dass es möglichst angenehm ist, hat man schon viel erreicht.

Mir tut das Bloggen gut. Die Reflektion. Der Ansporn, mich mit etwas zu beschäftigen, es so zu recherchieren, dass ich es zu Papier bringen kann. Und das Gefühl habe, ein Stück weiter zu sein. Und das mit Anderen, die es vielleicht auch interessiert, zu teilen.
Wenn es das nicht tut, wenn es vor allem darum geht, mich vor anderen gut aussehen zu lassen, dann - finde ich - sollte man es tatsächlich lieber sein lassen. Süchtig nach Applaus zu sein, ist sicher nie gesund.

Vielleicht ist mein Anspruch auch zu journalistisch. Wenn Mami bloggt  - ja, ich bin jetzt mal bitterbös - dann ist das eben nicht immer für alle Welt interessant. Sondern manchmal ganz schön belanglos. 
Ich bin keine Mami. Und will auch keine sein. Und trotzdem ist mir bewusst, dass auch meine Ausführungen nicht für alle Welt interessant sind. Aber die Hoffnung bleibt, dass ich nicht dazu beitrage, dass "Mütterblog" ein Schimpfwort wird.

Für mich ist eine genaue Beschreibung des Tagesablaufs einer anderen Familie (mit Uhrzeiten!) inklusive Anziehen, was es zum Frühstück gab und wann mit welchem Transportmittel zur Kita aufgebrochen wurde... einfach zu viel Information. (Schon dieser Satz, um es zu beschreiben, ist mir zu lang!) Aber vielleicht sieht die Leserschaft von "Tina", "Lisa" und "Laura" das ja anders. Vermutlich.


Quelle: ELTERN 11/2014, Kolumne von Sabine Maus: "Was denn noch alles? In immer mehr Mütterblogs wird vorgeführt, wie der perfekte Familienalltag aussehen kann. Das ist nicht nur schön - trotz der hübschen Fotos"

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